Corona und Digitalisierung: Innovationsschub in der Krise?

Die Corona-Pandemie war zweifellos eines der einschneidendsten Ereignisse der letzten Jahre. Dementsprechend meint man, hinterließ die Pandemie weitreichende Auswirkungen. Besonders der Fortschritt der Digitalisierung steht immer wieder im Fokus. Doch gab es aufgrund der Corona-Pandemie wirklich nachhaltige Veränderungen in Bezug auf die Digitalisierung Deutschlands?

Mittlerweile fühlt sich das Leben fast schon wieder normal an. Die (meisten) Corona-Beschränkungen sind ausgelaufen, Restaurantbesuche, Partys, Festivals finden statt wie vorher auch. Die Masken der Mitreisenden in öffentlichen Verkehrsmitteln gucken sich langsam, aber sicher weg. Gefühlsmäßig scheinen wir zur Lebensrealität der Vor-Pandemiezeiten zurückzukehren.
Was aber einige Sachen betrifft, wäre es eher wünschenswert, nach Corona nicht wieder auf der Ausgangsposition zu landen. Neben einer besseren Vorbereitung auf das nächste Virus und der versprochenen Reform des Gesundheitswesens, bleibt eben auch zu hoffen, dass durch Corona endlich (wenn auch durch die Umstände erzwungene) Fortschritte bei der Digitalisierung in Deutschland erzielt werden konnten. Um der Frage auf den Grund zu gehen, wie die Corona-Pandemie sich auf die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft ausgewirkt hat, haben wir einschlägige wissenschaftliche Beiträge gesammelt und analysiert. Hier sind die wichtigsten Ergebnisse:

 

Corona und Digitalisierung: Wie hängen die Themen zusammen?

 

Digitalisierung ist unser Lieblingsthema hier bei IOTIQ. In unseren letzten Artikeln haben wir beispielsweise ausführlich untersucht, wieso Deutschland auf dem Gebiet noch immer hinterherhinkt, wie wir diese Lücke schließen können, und wieso es überhaupt wichtig ist, das zu versuchen.
Natürlich ist es ein bisschen schwierig, negativen Ereignissen, wie auch der Pandemie, etwas Positives abgewinnen zu wollen. Vor allem dann, wenn der vermeintliche „Profiteur“ ein so abstraktes und schwer zu greifendes Konstrukt sein soll. Im Folgenden wollen wir deshalb zunächst darlegen, wieso Digitalisierung eine so tragende Rolle spielt(e) – und zwar sowohl für Unternehmen schon während der Pandemie als auch jetzt für die Erholung der Wirtschaft im Ganzen.

 

Digitalisierung schützt vor Corona-Folgen

 

Mit dem ersten Lockdown hat sich für uns alle schlagartig sehr vieles verändert. Nicht nur jeder einzelne Mensch, auch Unternehmen mussten sich auf die neuen Gegebenheiten einstellen und erst mit der Situation umzugehen lernen. Und sowohl für Individuen als auch Firmen galt: manchen fiel es schwerer als anderen.
Die meisten Unternehmen mussten während der Pandemie Umsatzeinbußen verzeichnen. Untersuchungen haben aber gezeigt, dass manche vor allzu großen Einbrüchen gefeit waren. Es wurden vor allem drei Faktoren ausgemacht, die entscheidend für die Unternehmensperformance während des Lockdowns waren: die Möglichkeit, Distanz zu wahren; die Fähigkeit, flexibel auf Nachfragerückgang und Lieferengpässe reagieren bzw. das Angebot anpassen zu können; und die Option, für Kund*innen und Partner*innen sichtbar zu bleiben. Alle diese Faktoren werden von einem hohen Digitalisierungsgrad des Unternehmens begünstigt. Abstand zwischen Mitarbeitenden kann durch Homeoffice-Möglichkeit und Videokommunikation oder dem Einsatz von Robotik ermöglicht werden. Lieferengpässe können durch besseren Datenaustausch schneller erkannt werden. Und weiterhin sichtbar für potenzielle Kund*innen ist man, wenn jeder zuhause bleiben muss, am besten über das Internet.
Für Soloselbstständige zeigte sich dasselbe Bild. Zum Befragungszeitpunkt gaben nur 28% der hoch digitalisierten Soloselbstständigen an, ihre Beschäftigung aufgrund der Coronamaßnahmen nicht mehr ausüben zu können. Unter den Befragten mit niedrigem Digitalisierungsgrad waren es hingegen ganze 73%.

Man darf aber auch nicht vergessen, dass bei der Digitalisierung nicht alle Unternehmen die gleichen Möglichkeiten haben. Entscheidend für die Digitalisierungsfähigkeit eines Unternehmens und seiner Aufgaben ist die Branche, in der es angesiedelt ist. Arbeit, die Nähe zu Menschen unbedingt erfordert, kann nur schwer oder gar nicht digitalisiert werden. Natürlich lohnt sich auch für beispielsweise Anbieter körpernaher Dienstleistungen eine Internetpräsenz. Sie hilft, sichtbar zu bleiben, über Neuigkeiten auf dem Laufenden zu halten und idealerweise auch neue Kund*innen zu gewinnen. Auch ein Online-Tool für Terminbuchungen kann eine Entlastung darstellen und die Inanspruchnahme der Dienstleistung für Kund*innen angenehmer machen. Bei Restaurants, Friseursalons, Kosmetikstudios und allen anderen, die am Menschen arbeiten müssen, bleibt es dennoch dabei, dass sich der Kontakt für die Erbringung der eigentlichen Leistung letztlich nicht vermeiden lässt. Digitalisierung kann ihn nur besser organisieren und das Drumherum vereinfachen.

Für alle, deren Tätigkeitsfeld Digitalisierung erlaubt, heißt das aber: die Investition lohnt sich.. Durch eine gut durchgeführte Digitalisierung im Unternehmen können Prozesse vereinfacht und die Zusammenarbeit besser organisiert werden. Zudem lässt sich der Erfolg von Werbemaßnahmen besser überwachen und die Strategie entsprechend anpassen. (Mehr zu den Vorteilen von Digitalisierung für KMU lesen Sie in diesem Blogartikel.)
Und nun haben Corona-Zeiten gezeigt, dass Digitalisierung auch die Empfindlichkeit gegenüber Krisen erheblich verringern kann. Damit eng zusammen hängt auch die Innovationsbereitschaft von Unternehmen sowie eigene Forschung und Entwicklung. Hier zeigen Studien, dass Unternehmen, die für die Entwicklung und Einführung von Neuerungen stetige Prozesse entwickelt haben, während der Krise weniger anfällig waren und negative Auswirkungen schneller hinter sich lassen konnten. Ein flexibles, vorwärts gerichtetes Mindset ist also maßgeblicher Erfolgsfaktor für die Unternehmensperformance.
Nun stellt sich die Frage: Haben das alle auch so erkannt?

 

Digitalisierung und Innovation in Krisenzeiten: Corona als Antrieb und Bremse

 

Die Krise hat ihre Spuren hinterlassen, aber wie genau die aussehen, ist nicht einfach zu sagen. Auffällig ist, dass zu Beginn der Krise ein Schub bei Digitalisierungs- und Innovationstätigkeiten zu verzeichnen war. Insbesondere bei der Digitalisierung war das für zahlreiche Unternehmen auch bitter nötig, um trotz der erschwerten Bedingungen die Handlungsfähigkeit sicherzustellen (indem beispielsweise in den Ausbau von Homeoffice und der Telekommunikation investiert wurde).
Aber schon zu Beginn des zweiten Krisenjahres sah es etwas anders aus. Januar 2021 hatten 14% der befragten Unternehmen ihre Digitalisierungsaktivitäten zurückgefahren, nur noch 23% hatten sie weiter ausgeweitet. Noch deutlicher wird diese Entwicklung bei längerem Anhalten der Pandemie anhand der Innovationsaktivitäten. Hier hatten zum selben Zeitpunkt 25% der Unternehmen bereits wieder zurückgefahren, nur noch 10% waren mit dem Ausbau beschäftigt. Das ergibt auch insofern Sinn, dass Digitalisierung in diesem Moment für das Tagesgeschäft vermutlich noch immer relevanter war, während Innovation oftmals eher Zukunftsinvestition als akute Notwendigkeit ist.
Insgesamt waren Unternehmen mit eigener Forschung und Entwicklung deutlich öfter in der Lage, ihre Aktivitäten auszuweiten oder zumindest beizubehalten. Unternehmen, die Umsatzeinbußen hinnehmen mussten, konnten ihre Digitalisierungs- und Innovationsaktivitäten hingegen seltener fortsetzen.
Die Pandemie scheint durchaus einen schwach positiven Impuls auf die Digitalisierung bekommen zu haben, auch wenn die Entwicklung insgesamt durchwachsen ist. Für Innovationen sah es eher düster aus. Insbesondere finanzielle Beschränkungen aufgrund der Krise dürften hier die nötigen Investitionen erschwert haben.

 

Digitalisierung light

 

Nach einem Gutachten des Wissenschaftlichen Beirats beim MBWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, jetzt: BMWK, Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz) konnten technische Hindernisse oftmals durch ad-hoc-Investitionen und Hard- und Software behoben werden. Betriebliche Abläufe und Kommunikation konnten oft schnell und relativ unproblematisch angepasst werden. Zudem haben Unternehmen festgestellt, dass sich mehr Tätigkeiten im Homeoffice erledigen lassen, als in vorpandemischen Zeiten angenommen wurde.
Zusammengefasst wurden vor allem akut notwendige Maßnahmen ergriffen, die schnell umsetzbar und zur Sicherung der Handlungsfähigkeit unmittelbar vonnöten waren. Von der großen digitalen Revolution kann allein deswegen aber nicht gesprochen werden. Die Krise war also kein großer „Game Changer“ in Sachen Digitalisierung. Vielmehr wurden bestehende Trends schlichtweg verstärkt. Längerfristige Digitalisierungsvorhaben wurden zudem eher zurückgestellt. Es scheint also, als seien viele Unternehmen einfach schneller dort angekommen, wohin sie schon vorher auf dem Weg waren.
Dieses bescheiden-optimistische Fazit findet sein Gegenstück in einer Untersuchung der Fraunhofer IAO in Zusammenarbeit mit der Unternehmensberatung Rochus Mummert. Hier wurde der Fragestellung auf den Grund gegangen, wie in Deutschland die digitale Transformation geführt wird. Das Ergebnis: unzufriedenstellend.
Demnach mangelt es für eine erfolgreiche Digitalisierung an Fokus, Strategie, Konsequenz und Engagement der Top-Führungspersonen. Hier sei der Veränderungsdruck nicht hoch genug, weil die befragten Unternehmen zum Befragungszeitpunkt (noch) gut im Geschäft waren. Und wenn etwas in der Vergangenheit gut funktionierte, besteht in der Regel wenig Anreiz, umfassende Änderungen vorzunehmen. (Dazu passt, dass in einer anderen Studie der Unternehmensberatung etventure 46% der befragten Entscheidungsträger*innen glaubten, dass ihr Unternehmen in den kommenden drei Jahren auch ohne Maßnahmen zur digitalen Transformation den bisherigen Umsatz halten kann.)
Es wird zudem bemängelt, dass vorgenommene Maßnahmen oft lediglich auf inkrementelle Verbesserungen abzielen. Echte Transformationen in Geschäftsmodellen und Märkten werden aber nicht erreicht. Es geht also öfter darum, Bestehendes aufzubessern, anstatt etwas besseres Neues zu schaffen.

 

Corona und Digitalisierung: Unternehmen in Bedrängnis

 

Aufgrund ihres Tätigkeitsfeldes und ihrer Adaptionsfähigkeit (und ja, auch ihres Digitalisierungsgrades) waren einige Unternehmen in der Lage, die Krise relativ unbeschadet hinter sich zu bringen. Andere haben aufgrund von Kontaktbeschränkungen, Lieferengpässen und / oder Nachfragerückgang Umsatzeinbußen erleiden müssen. In diesem Fall reicht freilich die Erkenntnis, dass Digitalisierung möglicherweise entscheidend für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit ist, für groß angelegte Maßnahmen nicht mehr aus. Gerade, wenn es besonders vonnöten ist, aufzuholen und Digitalisierungsmaßnahmen zu ergreifen, wird deren Finanzierung durch die angespannte finanzielle Lage zum Problem. Wenn man Maßnahmen nicht für nötig hält und deswegen verschläft, bis es zum Handeln zu spät ist, ist man der „tragedy of horizons“ (oder zu deutsch Tragik des Zeithorizonts zum Opfer gefallen). Der Begriff findet sich vor allem in der Forschung zum Umgang von Unternehmen mit dem Klimawandel. Hierbei ist auffällig, dass viele Unternehmen Klimawandel zwar mit mittlerer bis hoher Wahrscheinlichkeit als allgemeines Risiko sehen, ihre eigene Betroffenheit aber unterschätzen. Das führt dazu, dass keine Maßnahmen zur Abwendung drohender Risiken getroffen werden. Zum Zeitpunkt, an dem die Bedrohung schließlich überdeutlich wird, ist dann aber mit großer Wahrscheinlichkeit für effektives Handeln zu spät. In dieser Situation scheinen durch Corona auch einige Unternehmen gesteckt zu haben, die Digitalisierung als für sich irrelevant erachtet haben.

 

Lehren aus der Corona-Krise

 

Digitalisierung weiter vorantreiben

 

Die gute Nachricht: Studien zufolge planen nun die meisten Unternehmen auf Basis der Erkenntnisse aus der Krise, ihre Investitionen in die Digitalisierung auszuweiten. 77% der KMU als auch Großunternehmen wollten etwa in die Digitalisierung von Geschäftsprozessen investieren. Aufgrund der durchaus positiven Erfahrungen mit Homeoffice sind auch viele Arbeitgeber*innen nicht davon abgeneigt, die Möglichkeit weiter offen zu halten und ihren Mitarbeitenden ein ortsflexibleres Arbeiten zu ermöglichen. Zudem sehen etwa 63% der KMU und 49% der Großunternehmen Investitionspotenziale bei der Entwicklung neuer Geschäftsmodelle. Unternehmen wollen außerdem in KI, webbasierte Plattformen und Business Analytics investieren. (Interessant hierbei: größere Unternehmen wollen eher in bessere Nutzung von Daten investieren, während sich kleinere zunächst auf Datenbeschaffung konzentrieren. Das legt nahe, dass Großunternehmen ihre Datenbedürfnisse aufgrund weiter vorangeschrittener Digitalisierung schon besser abgedeckt haben.)
Die Daten stimmen erstmal hoffnungsfroh. Jetzt bleibt nur noch zu hoffen, dass diese guten Absichten bestehen bleiben, wenn der erste Schreck der Krise nachlässt, und Finanzierungsprobleme überwunden werden können.

 

Resilienz der deutschen Wirtschaft

 

Die Corona-Krise hat vor allem vor Augen geführt, wie anfällig die deutsche Wirtschaft gegenüber Abweichungen vom Normalzustand ist. Im produzierenden Gewerbe haben Lieferengpässe im asiatischen Raum in Verbindung mit der sogenannten Just-in-Time-Produktion Produktionsausfälle und damit natürlich wirtschaftlichen Schaden verursacht. Bei einer Umfrage unter deutschen Wirtschaftsverbänden im Jahr 2021 waren 45% der Befragten kurzfristig schwer von internationalen Lieferengpässen betroffen. 25% antizipierten auch mittelfristig eine schwere Betroffenheit.
Mit Blick auf diese Folgen der Corona-Pandemie wird oft davon gesprochen, dass die Wirtschaft resilienter werden müsste. Resilienz wird je nach Kontext (Biologie, Ingenieurwesen etc.) etwas unterschiedlich definiert. Grundlegend geht es darum, wie widerstandsfähig ein System (ein Unternehmen, eine wirtschaftliche Einheit) gegen äußere Einflüsse ist. Das heißt erstens, wie lange es bei Veränderungen im Umfeld normal weiteroperieren kann, zweitens aber auch, wie schnell es sich nach einer Rezession und Nachfrageeinbruch wieder erholen kann.
Die Corona-Krise hat gezeigt, dass diese Resilienz bei einigen Unternehmen nicht hinreichend gegeben war. Als Grund dafür wird in der Regel die starke Konzentration auf Effizienzsteigerung angenommen. Ein Beispiel dazu: durch Just-in-Time-Produktion können Lagerhaltungskosten gespart werden, weil benötigte Rohstoffe und Vorprodukte erst geliefert werden, wenn sie benötigt werden. Das heißt aber auch, dass das Unternehmen extrem abhängig von Lieferanten und damit einer langen internationalen Lieferkette ist. Die Reaktionszeit auf Störungen in der Lieferkette ist dann ziemlich kurz.
Um mit Risiken besser umgehen und rechtzeitig auf sich anbahnende Probleme reagieren zu können, ist es für Unternehmen essenziell, möglichst genau über ihre eigene Lieferkette Bescheid zu wissen. Allerdings haben Studien gezeigt, dass viele Unternehmen einen zu geringen Wissensstand über ihre eigenen Lieferketten haben. Zwar wurde der Datenaustausch im Zuge der Corona-Krise gesteigert, aber noch immer können zu wenige ihre Informationsbedürfnisse decken. Dabei macht Digitalisierung den Datenaustausch so einfach wie nie zuvor. Hier kommt es dann darauf an, strategische Entscheidungen auf Resilienz, statt Effizienz auszurichten.
Resilienz und Effizienz sind zwei Ziele, die im Unternehmenskontext oft (zumindest kurzfristig) in einem Spannungsfeld zueinander stehen. Schlüsselbegriffe sind hier Exploitation und Exploration. Exploitation (ja, wie „Ausbeutung“) bedeutet, dass Unternehmen bestehende Geschäftsmodelle innerhalb ihrer bestehenden Geschäftsmodelle weiter auf Effizienz optimieren. Das hat dann eben oft zur Folge, dass andere Eigenschaften leiden, z.B. mitunter Produktqualität, aber eben auch Produktionssicherheit und Krisenfestigkeit. Auf der anderen Seite bedeutet Exploration (Erkundung) die Suche nach neuen Märkten, Geschäftsfeldern und Geschäftsfeldern, also im Grunde genau das, was sich durch Digitalisierung oft erhofft wird, aber bisher noch zu wenig tatsächlich passiert. Stattdessen „bleibt“ es eben in den meisten Fällen bei Anstrengungen, aus dem Jetzt-Zustand das Beste herauszuholen. Zu neuen Ufern möchte man lieber nicht aufbrechen.

 

Deutsche Unternehmen sind nicht transformationsfähig genug

 

Resilienz erfordert, auf eine Krise vorbereitet zu sein und / oder sich im Krisenfall schnell anpassen zu können. Die Fähigkeit, unerwünschte Veränderungen während einer Krise zu vermeiden, ist eng verwandt mit der Fähigkeit, gewünschte Veränderungen bewusst zu forcieren. Insofern kommt eine ausgeprägte Transformationsfähigkeit von Unternehmen ihrer Resilienz und damit Krisenfestigkeit extrem entgegen.
Transformationsfähigkeit wiederum setzt voraus, dass Unternehmen Innovationen hervorbringen und (mindestens genauso wichtig) auch selbst umsetzen können. Zudem muss sowohl auf operativer als auch allen Führungsebenen das richtige Personal sitzen. Der letzte wichtige Faktor ist die strategische Vorausschau, Foresight genannt. Dabei geht es darum, in einem strategischen Prozess künftige Risiken zu antizipieren, um frühzeitig reagieren zu können. Es zeigt sich, dass Foresight-Aktivitäten mit mehr Innovation und höherer Reaktionsfreudigkeit in Verbindung gebracht werden können. Insofern ist es ungünstig, dass die meisten Unternehmen quantitativ zu wenig Foresight betreiben und auch nicht unbedingt die ergiebigsten Methoden nutzen.
Anschließend daran haben bezüglich der Transformationsfähigkeit viele immer noch ein ganzes Stück Arbeit vor sich. Zumindest besaßen laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung und IW Consult nur ein Viertel der deutschen Unternehmen ausreichende Innovationskompetenz, um ihre Wettbewerbsposition langfristig zu sichern. Möglicherweise konnte die Corona-Krise hier ja als Weckruf wirken.

 

Fazit

 

Wie steht es also um die These, dass die Pandemie Deutschland einen Digitalisierungsschub gegeben haben könnte? Hier muss die Schlussbetrachtung gemischt ausfallen. Positiv ist, dass wichtige Themen (unfreiwillig) in den Fokus gerückt sind. Unzulänglichkeiten in der Digitalisierung von Unternehmen wurden sichtbar. Die Homeoffice-Situation hat zudem zeitweise mal wieder Aufmerksamkeit auf den hinterherhinkenden Glasfaserausbau gelenkt. Und Probleme in Lieferketten haben gezeigt, dass wirtschaftlicher Resilienz womöglich höhere Priorität gegenüber Effizienz und Kostenoptimierung eingeräumt werden sollte.
Leider fallen diese wichtigen Erkenntnisse in eine Zeit, in der danach zu handeln für viele überaus schwierig ist. Durch die Auswirkungen des Pandemiegeschehens fehlt es oftmals an finanziellen Mitteln für einen Ausbau der Digitalisierung über das unmittelbar notwendige Maß hinaus. Echte Innovation und digitale Revolution sind größtenteils ausgeblieben. Auf das Ende der Coronakrise folgten die nächsten Herausforderungen. Insofern ist es doppelt nachvollziehbar, wenn der Fokus von Unternehmen jetzt eben nicht darauf liegt, Investitionen (in Resilienz, Digitalisierung, Nachhaltigkeit) zu tätigen, die sich erst mittel- bis langfristig auszahlen.
Zusammengefasst kann man vielleicht sagen, die Pandemie hat einen kleinen Digitalisierungsschub im kollektiven Geiste nach sich gezogen, aber entsprechende Taten oftmals erschwert.

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