Top of the flops? Deutsche Unternehmen und die Digitalisierung

Welche Branchen schneiden wie gut oder schlecht im Vergleich ab?

Es ist in unserem Alltag ständig bemerkbar: Was die Digitalisierung angeht, hat Deutschland noch einiges aufzuholen – oft scheitert es ja selbst beim Zahlen mit Karte! Vor bereits drei Jahren stellten wir uns auf unserem Blog deshalb die Frage, warum Deutschland so sehr mit der Digitalisierung hinterher hinkt. Und da gibt es einige Problemfelder: infrastrukturelle Herausforderungen, fehlendes Vertrauen in die eigenen Fachkräfte oder der Fokus auf traditionsreiche Branchen wie dem Automobil- oder Maschinenbau.

Natürlich betrifft die Digitalisierung nicht nur diese Branchen, sondern sollte in jedem Unternehmen ein wichtiges Thema sein. Wir nehmen an, dass jedoch die Einstellung, dass es auch ohne geht noch sehr weit verbreitet ist. Und sicher - irgendwie geht es schon. Aber ob das so zeitgemäß ist, wagen wir zu bezweifeln. Denn wir sehen hier nicht nur eine große Gefahr, dass die deutsche Wirtschaft (gerade kleine und mittelständische Unternehmen) in gar nicht allzu kurzer Zeit durch schnellere und besser prozessierende Unternehmen abgehängt wird, sondern auch, dass die Diskrepanz zwischen Anforderungen moderner Arbeitswelten und der Realität der Unternehmen immer größer wird. Letztlich werden die Unternehmen die Nase vorn haben, die im Kampf um Kund:innen und Mitarbeiter:innen eben nicht darauf bestehen, dass Anliegen in Papierform zugestellt werden oder Bewerber:innen dicke Bewerbungsmappen schicken.

Doch wir alle sind nicht nur im Arbeitsleben mit fehlender, oder sogar manchmal noch schlimmer, gut gemeinter aber schlechter, Digitalisierung konfrontiert worden: auch die Pandemie hat uns gezeigt, dass es so nicht weitergehen kann. Wie auch Uwe Jean Heuser in der ZEIT Online (20.01.2021) formuliert:

 

“(...)Der Staat hat die Chance, seinen Bürgern zu zeigen, dass sich Digitalisierung an den richtigen Stellen wirklich lohnt. Und die Politik nutzt sie kaum, baut keine eigenen Institutionen wie ein Digitalbundesamt und keine politischen Stars für das Thema auf. Das Versäumnis kostet jetzt in der Pandemie vielleicht sogar Menschenleben. Künftig kostet es mit Sicherheit viel Wohlstand in Deutschland.”

 

Doch ist es zu einfach, allein auf die Politik zu hoffen. Unternehmen, die nicht auf die Genehmigung von Mitteln der Regierung abhängig sind, sollen - ja, müssen - sich stärker digitalisieren.

Die deutsche Wirtschaft scheint also gefangen in der Dreifaltigkeit aus fehlender Struktur, politischer Versäumnisse und der eigenen Antriebslosigkeit. Doch sieht es überall so finster aus? Wir schauen uns die Digitalisierungsfortschritte verschiedener Branchen in diesem Artikel an: welche haben sich in den letzten Jahren ausführlich oder weniger ausführlich mit der Digitalisierung beschäftigt? Wo werden Digitalisierungsmaßnahmen durchgeführt – und wo nicht?

 

Mit dieser Frage beschäftigt sich auch der Digitalisierungsindex, eine Studie, die zu messen versucht, wie der Stand der Digitalisierung in der deutschen Wirtschaft ist. Hierbei werden tausende Unternehmen aller Art untersucht. Es gibt sogar einen Selbsttest für Unternehmen, damit Sie herausfinden können, wie digital Ihr Unternehmen wirklich ist! Wir möchten uns aber die Ergebnisse der Studie anhand der am meisten und am wenigsten digitalisierten Branchen anschauen. Die Top und Flop 3 finden Sie hier:

 

Die Top 3 digitalisierten Branchen

 

 

 

Der Digitalisierungsindex verteilt Indexpunkte an Branchen um ihre Digitalisierungsbestrebungen zu messen, wobei der Durchschnitt bei 100 Punkten liegt. Die Branchen werden dann über oder unter dem Durchschnitt positioniert. Die genaue Methodik des Digitalisierungsindexes kann hier nachgelesen werden.

Um die Werte zu determinieren werden sechs Faktoren mit einbezogen: Prozesse, Geschäftsmodelle, Forschungs- und Innovationsaktivitäten, Produkte, Qualifizierung und die Innovationslandschaft. Aber welche Branchen schneiden hier am besten ab?

 

1. Informations- und Kommunikationstechnologie

Wenig überraschend belegt die IKT, die Informations- und Kommunikationstechnologie, den ersten Platz im Digitalisierungsrennen. In seiner Analyse des Indexes schreibt der Wirtschaftsdienst hierzu: “Die IKT-Branche bildet das Rückgrat der Digitalisierung der deutschen Wirtschaft”.

Klar, diese Branche entwickelt nicht nur digitale Technologien und hilft bei deren Implementierung, sie erkennt auch die Wichtigkeit, innovativ zu bleiben. Hier ist vor allem der Indikator digitale Start-Ups markant, denn die IKT Branche produziert am laufenden Band neue, digitale Geschäftsmodelle. Es werden außerdem Mitarbeitenden überdurchschnittlich oft Weiter- und Fortbildungen zur Verfügung gestellt und die Produkte, die in dieser Branche vertrieben werden, sind zu 51,3% rein digital.

 

2. & 3. Fahrzeugbau & Elektrotechnik und Maschinenbau

Auch die Branchen Fahrzeugbau, sowie Elektrotechnik und Maschinenbau schneiden im Ranking überdurchschnittlich gut ab. Vor allem, was Forschungs- und Innovationsaktivitäten angeht: Hier glänzt der Fahrzeugbau durch den Indikator digitalisierungaffine Patente. Der Wirtschaftsdienst lobt: “Solche Patente setzen in Europa eine gewisse Technizität voraus – Software ist hier nicht patentierbar.”

Dieses Ergebnis geht Hand in Hand mit einem Zitat, das wir schon in unserem Text 2019 aufgriffen: „Wir sollten uns konzentrieren auf unseren Bedarf, innovative Champions zu entwickeln in Bereichen, in denen wir Stärken haben,” sagte Thomas Buberl, Chef des Versicherungsunternehmens Axa. Und wenn Fahrzeugbau in Deutschland keine Stärke ist, was dann?

Ein weiterer Erfolgsfaktor ist die große Bedeutung, der Forschungs- und Entwicklungspersonal in beiden Branchen zugeschrieben wird. Wie im IKT-Bereich werden zudem überdurchschnittlich oft Fort- und Weiterbildungen angeboten: Das prägt digitale Kompetenzen besonders aus und wird vom Digitalisierungsindex besonders gut bewertet.

 

Die Flop 3 digitalisierten Branchen

 

 

1. Produzierendes Gewerbe: Energie- und Wasserversorgung

Das Schlusslicht in der Landschaft der digitalisierten Branchen ist das produzierende Gewerbe, zu dem unter anderem die Energie- und Wasserversorgung gehört. Auffällig ist hier, wie niedrig der Wert im Bereich Forschungs- und Innovationsaktivitäten ist. Bei allen drei dort enthaltenen Indikatoren Ausgaben, Personal und digitalisierungsaffine Patente bewegt sich die Branche in einem sehr stark unterdurchschnittlichen Bereich.

Auch die Kategorie Innovationslandschaft lässt einiges zu wünschen übrig, was vor allem durch den Indikator Start-Ups auffällig wird. Während der Durchschnitt aller Branchen bei 0,9 digitalen Start-Ups pro 10.000 Beschäftigten liegt, liegt er im produzierenden Gewerbe bei nur 0,1.

 

2. & 3. Verarbeitendes Gewerbe: Textil- und Papierherstellung & Tourismus

Auch im verarbeitenden Gewerbe liegt der Start-Up-Wert bei 0,1 und damit stark unter dem Durchschnitt. Im Wesentlichen ist das verarbeitende Gewerbe dem produzierenden Gewerbe nur im Faktor digitale Prozesse ein paar Schritte voraus.

Während der Tourismus den drittletzten Platz im Digitalisierungsranking belegt, weist die Branche auch ein überdurchschnittliches Ergebnis vor: nämlich in der Kategorie Geschäftsmodelle. Entscheidend sind hier die digitalen Absatzkanäle, wobei 18,9% der Absätze über Online-Marktplätze Dritter getätigt werden. Der Durchschnitt der Branchen liegt bei 8,6%. Aber, wie auch bei dem letzten und vorletzten Platz, weisen die Kategorien Qualifizierung, Innovationslandschaft und Forschungs- und Innovationsaktivitäten sehr niedrige Werte auf.

 

Fazit

Auch wenn einige Branchen bereits auf einem guten Wege sind, so darf doch nicht vergessen werden, dass diese nur einen kleinen Teil der deutschen Wirtschaftslandschaft ausmachen. Insgesamt, so zeigen zum Beispiel die Ergebnisse der repräsentativen Umfrage des Digitalreports 2022, attestiert die Mehrheit der Führungskräfte Deutschland starke Rückstände in der Digitalisierung. Dies schlägt sich naturgemäß auch im internationalen Vergleich nieder: in der “DESI” Studie von 2021, welche den Digitalisierungsgrad der 27 europäischer Staaten vergleicht, landete Deutschland auf dem 11. Platz. Ein Ergebnis wie wir es uns beim Eurovision Song Contest wünschen würden (hey - immerhin nicht letzter!), aber bei der Digitalisierung muss mehr drin sein – denn auch in Deutschland gibt es gute Ideen und innovative Projekte.

 

Welche Chancen birgt die Digitalisierung?

Aber wozu das Ganze? Warum sollten Unternehmen überhaupt digitalisiert sein?

Im Endeffekt geht es um das Wesentliche: Darum, den bestmöglichen Umsatz zu erzielen. Die Digitalisierung birgt Potenzial, Geschäftsprozesse zu verschlanken und weitaus effizienter durchzuführen, hierdurch werden Ressourcen gespart und der Umsatz vergrößert. Dafür gibt es Softwares aller Art, vorgefertigt oder individualisiert, egal ob es um Verwaltung, Produktion oder Dokumentation geht.

Die Studie des Digitalisierungsindex zeigt, dass sogar einzelne digitale Maßnahmen große Erfolge bringen können: 35% der Unternehmen erzielten durch solche Maßnahmen eine Umsatzsteigerung. Unternehmen mit einem überdurchschnittlichen Digitalisierungsindex konnten ihren Umsatz um mindestens zehn Prozent steigern.

Davon profitiert aber nicht nur der Umsatz, sondern auch die interne und externe Zufriedenheit. Die Hälfte der befragten Unternehmen, die Digitalisierungsmaßnahmen umsetzten, konnten interne Prozesse optimieren, während 45% der Unternehmen die Kundenzufriedenheit erhöhte. Somit sind alle Parteien zufrieden, Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Führungskräfte!

Ein weiterer Faktor der auch in Zukunft eine nicht zu unterschätzende Rolle spielen wird, ist die Nachhaltigkeit und grüne Technologie. Oftmals werden veraltete, papierlastige und komplizierte Prozesse als wenig umweltschonend wahrgenommen und kommen dementsprechend schlecht bei Kund:innen an. Diesem Thema werden wir uns in einem unserer nächsten Artikel widmen - also besuchen Sie uns bald wieder!

 

Es ist uns natürlich auch bewusst, dass eine Digitalisierung nicht über Nacht und nur in kleinen Schritten durchgeführt werden kann. Doch wir können warten, bis alle Voraussetzungen perfekt scheinen, oder wir kreieren selbst die Voraussetzungen für das gelingen der Digitalisierung in Deutschland. Wofür werden Sie sich entscheiden?

Wenn Sie Ihre Prozesse optimieren und Ihr Unternehmen digitalisieren wollen, lassen Sie es uns wissen. Mit unserer umfangreichen Digitalisierungsberatung, sowie unseren Programmierungs-Dienstleistungen helfen wir Ihnen gerne weiter.