Wieso hinken KMU mit der Digitalisierung hinterher?

Den meisten Unternehmen ist bewusst, dass Digitalisierung wichtig ist. Trotzdem geht der Prozess nur schleppend voran - wieso?

In unserem letzten Blogartikel haben wir beleuchtet, warum auch kleine und mittelständische Unternehmen Digitalisierung nicht vernachlässigen sollten, und Tipps gegeben, wie der digitale Wandel gelingen kann. Dennoch stellt sich die Frage: Wenn Digitalisierung so essentiell für die Wettbewerbsfähigkeit und interne Effizienz ist – wieso wird das Thema dann nicht allerorts entschlossen angepackt? Welche Probleme stehen KMU bei der Digitalisierung im Weg?

 

Das Problem scheint zumindest nicht mangelndes Bewusstsein für die Wichtigkeit zu sein. In einer Studie der Tata Consultancy Services gaben 0% der befragten Unternehmen an, dass wirtschaftlicher Erfolg auch ohne Fokus auf Digitalisierung von der Digitalisierung abhält. Das heißt, Nicht-Notwendigkeit oder das Fehlen von Vorteilen für das Unternehmen sind keine Gründe, das Thema nicht anzugehen.

 

Die Befürchtung, den gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz nicht zu genügen, wird zur Hürde für eine digitale Arbeitsweise.


Unsicherheit bei Datenschutzbelangen

 

Vielmehr liegen die Hürden auf Umsetzungsebene. Dabei stehen Anforderungen an den Datenschutz und die IT-Sicherheit mit 62% bzw. 56% an vorderster Stelle. Die Datenschutzgrundverordnung schützt Daten der Kund*innen, verpflichtet aber auch zum Schutz der Unternehmensdaten vor unberechtigten Zugriffen. Beides ist von großer Wichtigkeit, allerdings können die entsprechenden Regelungen für die Verantwortlichen verwirrend und undurchsichtig sein. Insbesondere kleinere Unternehmen ohne eigene Rechtsabteilung können Probleme haben, die Regelungen zu durchdringen. Die Befürchtung, den gesetzlichen Anforderungen an Datenschutz nicht zu genügen, wird zur Hürde für eine digitale Arbeitsweise. Das fängt schon bei Datenschutzerklärungen auf eigenen Websites an. Vorlagen können hier zwar gegebenenfalls teilweise übernommen werden, jedoch erfordert es einen gewissen Grad an Fachwissen, um sicher einschätzen zu können, welche Teile für das eigene Unternehmen geeignet sind. (Mehr zu Datenschutz und DSGVO hier.)

IT-Sicherheit stellt dann das nächste Problem dar. Zum einen bräuchte es hier im ersten Schritt überhaupt Kenntnis möglicher Gefahren. Zum anderen müssten gegen einmal identifizierte Sicherheitsrisiken Vorkehrungen getroffen und verschiedene Schutzmaßnahmen ergriffen werden. Dies erfordert fachliche Kenntnis, die in einem KMU schlimmstenfalls niemand hat. So wird oft auf einem Flickenteppich halbgarer Digitalisierungsmaßnahmen, die man sich eben zutraut, umhergedümpelt.

 

 

Entscheiden und mitmachen

 

Ein weiteres Problem ist, wenig überraschend, Faktor Mensch. Auf planender Ebene führt unzureichendes Knowhow über Möglichkeiten und Erfordernisse der Digitalisierung dazu, dass keine entsprechenden Entscheidungen getroffen werden oder Digitalisierungsvorhaben vage bleiben und keine konkreten Ziele definiert werden. Zudem können langwierige Prozesse und geringe Entscheidungsfreudigkeit auf oberster Ebene den Fortschritt hemmen. Fehlende Vorgaben aus der Geschäftsleitung stellten so für 30% der Unternehmen eine Hürde dar. Denn ohne die Vorgabe einer Strategie kann ein Vollzug des Wandels nicht gelingen.

 

Mitarbeiter*innen an Bord holen

 

Mangelnde Akzeptanz von Digitalisierungsmaßnahmen in der Belegschaft kann ein weiterer problematischer Faktor sein. In Teil 1 zu diesem Thema haben wir gezeigt, dass die Einbeziehung der Mitarbeitenden essenziell für den Digitalisierungsprozess im Unternehmen ist. Die Belegschaft muss eingebunden werden, um den Anforderungen des Arbeitsalltags bei der Gestaltung von digitalisierten Prozessen gerecht zu werden. Das Gefühl, dass über den eigenen Kopf hinweg, oder in der Praxis gar zum eigenen Nachteil entschieden wird, kann verständlicherweise zu Frustration und einer Aversion gegenüber dem ganzen Prozess führen. Um dies zu vermeiden, sollte Input von Mitarbeitenden ermutigt und ernstgenommen werden. Wenn diejenigen, die am Ende in digitalisierten Prozessen arbeiten sollen, diese ablehnen, hat das Vorhaben kaum eine Chance auf Erfolg.

 

Um nicht nur das richtige Mindset zu kultivieren, sondern die Belegschaft auch praktisch auf neue Anforderungen vorzubereiten, sollten Mitarbeiterschulungen veranstaltet werden. Hier sollte für allgemeine Aspekte der IT-Sicherheit sensibilisiert werden (z.B. bedachter Umgang mit Passwörtern und sensiblen Daten), aber idealerweise auch neue Programme ausführlich eingeführt werden. Denn die Funktionsweise des neuen Datenmanagement-Tools erschließt sich unter Umständen nicht jedem sofort. Und wenn am Ende niemand damit umzugehen weiß, ist mit der teuren neuen Software nichts gewonnen.

 


Change braucht Management

 

Das alles wirft ein ziemlich schlechtes Licht auf menschliche Entscheidungsträger und Arbeitnehmer*innen. Aber das Gute daran ist, dass diesen Problemen begegnet werden kann. Neben Mitarbeiterschulungen kommt der Aufbau eines Digitalisierungs- bzw. Change Management-Teams infrage. Zeitmangel hindert bei 19% der Unternehmen die Digitalisierung. Wer durch das Tagesgeschäft bereits komplett ausgelastet ist, dem mangelt es an Zeit und mentaler Energie, einen großen Wandel zu planen und zu vollziehen. Designierte Digitalisierungsteams können hier Abhilfe schaffen. Zwar müssen sich Mitarbeitende dennoch an neue Programme gewöhnen, aber die Planungslast entfällt. Weder Mitarbeitende noch Geschäftsleitung müssen zu IT-Experten werden, damit das Unternehmen die Digitalisierung bestreiten kann. Digitalisierungsteams können die Geschäftsleitung bei der Strategieentwicklung beraten oder sie selbst vollziehen. Außerdem können sie die Nähe zur Belegschaft nutzen, um diese für das Vorhaben zu begeistern und vorzubereiten.

Ein Grund mehr, entsprechend einzustellen. Fachkräfte mit digitalen Skills, eventuell auch datenschutzrechtlichem Knowhow, werden immer wichtiger für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen. Dazu muss aber auch das Employer Branding passen. Junge Leute sind in der Regel digital natives, die mit dem Internet aufgewachsen sind und daher wenigstens die Basics der digitalen Welt beherrschen – deswegen haben sie auch ganz andere Erwartungen und Vorstellungen an die Arbeitsweise in ihrem Unternehmen. (Mehr zu Gen Z in der Arbeitswelt hier.) Auf diese Weise können sie neue Ideen einbringen. Das Unternehmen muss sich als modern und zukunftsgerichtet präsentieren, um die Leute anzuziehen, die es braucht, um diese Vision zu umzusetzen. Eine verstaubte und konservativ erscheinende Selbstpräsentation steht diesem Ziel entgegen, da sie Arbeitssuchende mit zukunftsgerichteter Denkweise abschrecken wird.

Natürlich sollen die Bedürfnisse aller Arbeitnehmer*innen im Unternehmen ernst genommen und bei Entscheidungen berücksichtigt werden. Aber hin und wieder ausdrücklich die jungen Kolleg*innen nach ihren Meinungen und Wünschen zu befragen, kann sehr erhellend sein.

 


Digitaler Wandel erfordert eine Menge Ausgaben, die sich nicht sofort rentieren. Investitionen in neue Mitarbeiter*innen sind nur ein Aspekt. Vielleicht wird auch neue Hardware benötigt. Digitale Tools, etwa zum Datenmanagement, mit denen man zukünftig arbeiten möchte, müssen beschafft werden. Möglicherweise werden andere, kurzfristig lukrativere Projekte, temporär hinten angestellt.

Zu diesen Investitionen ist nicht jedes Unternehmen gewillt oder fähig. 12% der befragten Unternehmen gaben an, dass Investitionen in IT und Digitalisierung für sie schlichtweg finanziell nicht machbar waren. 7% wollten trotz vorhandener Geldmittel nicht investieren.

So bleiben aufgrund eines knappen Budgets Zeit- und Personalmangel bestehen. Digitalisierungsvorhaben werden aus Unsicherheit und / oder Unwissenheit entweder nicht richtig geplant oder nur schleppend und ungerichtet umgesetzt. Die Haltung der Belegschaft gegenüber dem Vorhaben, das für sie erstmal vor allem Mehraufwand bedeutet, verschlechtert sich.

 

Fazit

 

Es liegen also eine Menge kleinerer und größerer Steine auf dem Weg zur Digitalisierung in KMU. Mangelndes Bewusstsein für die Relevanz des Themas ist dabei in den seltensten Fällen das Problem. Vielmehr bremsen Verunsicherung bei Datenschutzfragen, mangelndes Knowhow über IT-Sicherheit, ein knappes Budget, wenig Zeit und das Fehlen einer einheitlichen Strategie die digitale Transformation aus.

 

Aber wo anfangen?

 

Ein Allheilmittel gegen diese Probleme können wir nicht anbieten. Aber in Teil 1 dieses Zweiteilers zur Digitalisierung für kleine und mittlere Unternehmen haben wir einige Hinweise und Tipps bereitgestellt, wie der Start in die Digitalisierung gelingen kann.

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