Einmal Coworking und zurück? – Eine Bestandsaufnahme in Deutschland

Immer mehr kleine Unternehmen, Start-Ups, Gründer:innen oder auch Selbstständige nutzen das Konzept Coworking Space, bietet es doch zahlreiche Vorteile wie den regelmäßigen Austausch in der Community, Einsparungen bei der Büromiete und natürlich müssen weder Reinigungsservice noch Kühlschrank oder Kaffeemaschine selbst angeschafft und gewartet werden. Immer wieder wird das Coworking als Modell der Zukunft bezeichnet. Daher ist es natürlich spannend zu erforschen: Wie steht es aktuell um Coworking Spaces?

Also: Wer arbeitet in Coworking Spaces, wer arbeitet nicht in Coworking Spaces – und warum? Warum verlassen Menschen und Unternehmen Coworking Spaces und entscheiden sich für andere Arbeitsumgebungen? Was brauchen Coworking Spaces um Arbeiter:innen anzuziehen? Um eine Bestandsaufnahme der Situation von Coworking Spaces zu skizzieren, möchten wir uns diesen Fragen in diesem Blogeintrag widmen.

 

Coworking Spaces in Deutschland

 

Unser Interesse bestätigt sich: die zuletzt erhobenen Zahlen 2020 zeigen, dass der Hype um Coworking Spaces real ist. Gab es 2018 nur knapp über 300 geteilte Büroräume, vervierfachte sich die Zahl innerhalb von zwei Jahren, sodass 2020 bereits mehr 1200 Coworking Spaces existierten. Das zeigt eine Markterhebung des Bundesverbandes Coworking Spaces Deutschland e.V. (BVCS).

Diese Erhebung deutete auch schon damals auf eine steigende Tendenz hin. Obwohl bislang keine Zahlen aus 2021 und 2022 vorliegen, kann man davon ausgehen, dass diese Tendenz weiterhin erhalten bleiben dürfte. Gerade im ländlichen Raum werden Büroflächen immer beliebter - schätzt man doch die Nähe zur Natur und die Möglichkeit in der Mittagspause die Sonne zu genießen. Der Trend zum geteilten Büro wurde auch teilweise durch die Pandemie begünstigt: viele Menschen konnten und sollten während der Pandemie keine Büros aufsuchen, aber genau das machte Unternehmen klar, wie unnötig ihre eigenen Büros waren. Gleichzeitig hielten es viele nicht mehr im Homeoffice aus und suchten sich stattdessen alternative Arbeitsplätze. Die flexiblen Arbeitsplätze, die viele Coworking Spaces anbieten, machten dies möglich.

 

Natürlich spielt ein wesentlicher, monetärer Faktor auch in diese Entwicklung herein: „Arbeitsplätze in Coworking-Spaces anzumieten, zahlt sich auch für Unternehmen aus – nicht nur als Incentive für die eigenen Mitarbeiter. Grob gesagt liegen die Kosten für einen Arbeitsplatz im Coworking-Space rund um die Hälfte niedriger als die kalkulatorischen Kosten im eigenen Büro“, erklärt Tobias Kollewe, Präsident des BVCS.

Genauso wie sich die Zahl der Coworking Spaces vergrößert hat, hat sich auch der Anspruch von Coworkenden und Betreiber:innen an die Spaces selbst erhöht. War der Coworking Space vor einigen Jahren lediglich ein Raum, in dem unterschiedliche Menschen arbeiteten, bedeutet Space auch gleich Community. Das Büro ist nicht nur ein Platz zum Arbeiten, es ist ein Platz für Austausch, zum Pause Machen und für Vernetzung. Für all diese Aktivitäten bietet ein Coworking Space natürlich auch viel mehr als ein klassisches Büro, nämlich eine moderne und community-affine Infrastruktur, die die Bedürfnisse der Arbeiter:innen in Betracht zieht. Viele Unternehmen profitieren von Events die von den Coworking Betreiber:innen gehostet werden und dem Austausch außerhalb der eigenen “Bubble”.

 

Trends im Coworking

 

Damit einher gehen Trends, die die Bedeutungen von Coworking Spaces zusätzlich erweitern. Hat sich zum Beispiel das Geschäftsmodell bisher auf städtische Ballungszentren fokussiert, so gewinnen auch naturnahe und ländlich gelegene Coworking Spaces immer mehr an Bedeutung. Dies ist ein Trend, der aufgreift, was viele Büroarbeiter*innen sich wünschen: eine sogenannte Workation. Dabei arbeitet man (work) von einem besonders schönen Ort (vacation). Mit den Reisebeschränkungen war dies allerdings fast nicht mehr möglich und die eigene Region wurde als Naherholungsziel entdeckt. Dementsprechend reizvoll ist es daher, raus aus der Stadt und in Ruhe im Grünen arbeiten zu können.

Coworking Spaces auf dem Land befinden sich an den unterschiedlichsten Orten: auf Bauernhöfen am Dorfrand, an populären Pendler:innenrouten, auf Landgütern oder in leerstehenden Ladenlokalen in Kleinstädten. Für diese Spaces auf dem Land hat sich seit 2019 auch ein Netzwerk geformt: CoWorkLand. Sie messen den Spaces auch eine weitere Funktion zu: “Coworking auf dem Land bedeutet eine sehr viel größere Integrationskraft als in der Stadt. Es wird von all jenen nachgefragt, die ein Bedürfnis nach Gemeinschaft haben und sich ihren Arbeitsort frei auswählen können”, sagt Ulrich Bähr, Geschäftsführer von CoWorkLand. Auch Alexandra Schmied, Leiterin und Projektmanagerin der Studie “Coworking im ländlichen Raum” der Bertelsmann Stiftung, ergänzt: „Ländliche Regionen, die unter Abwanderung und Überalterung leiden, lassen sich durch den Zuzug junger Familien und die Modernisierung der Infrastruktur neu beleben.“ Hier wird Austausch also nochmal auf einer ganz anderen Ebene gelebt: Pendler können unterstützt und Landflucht vermieden werden.

Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat das CoWorkLand Anfang 2021 zudem einen spannenden Leitfaden veröffentlicht, wie Coworking auf dem Land gelingt. Hier geht es um Community-Management, Gründung und Tipps für die Praxis.

Wie oben schon erwähnt, könnte der Trend zum ländlichen Coworking auch eine Art Ersatz für eine “richtige” Workation sein. Denn natürlich ist die Mischung aus Urlaub und Arbeit sehr reizvoll, jedoch nicht für jeden umsetzbar.
Den ganzen Tag aus einer Ferienwohnung heraus arbeiten und schließlich Abends ins Meer springen – ob dies ein Modell ist, das sich langfristig etabliert, bleibt abzuwarten, schließlich können gerade Menschen mit Kindern sich dies nicht unbedingt leisten und auch die digitale Infrastruktur ist an Ferienorten nicht immer geeignet um Online Meetings und Co. reibungslos abzuhalten.

 

Wer entscheidet sich nicht für Coworking Spaces?

 

Schließlich wollen wir noch einmal auf einen der wichtigsten Aspekte der Coworking Spaces blicken: Die Arbeiter:innen. Genauer möchten wir die Faktoren beleuchten, die potenzielle Coworker davon abhalten, einem Coworking Space beizutreten oder jene, die ehemalige Coworker aus den Spaces vertrieben haben.

 

Nicht-Coworker

 

Zunächst offensichtlich sind dies Menschen, die bereits fest angestellt sind und deren Arbeitgeber:innen schon unternehmenseigene Büros haben. Je größer das Unternehmen ist, desto häufiger stellt die freie Wahl des Arbeitsortes ein Problem dar. Hier spielen vor allem Sicherheitsaspekte herein, wenn die eigene IT-Infrastruktur nicht gegeben ist und “fremde” Menschen potenziellen Zugang zu Hardware haben.

 

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist finanzieller Natur: denn natürlich ist ein Arbeitsplatz oder Büro in einem Coworking Space mit gewissen Kosten verbunden, die - je luxuriöser ein Coworking Space ausgestattet ist - nicht unerheblich sein können. Gerade unter Studierenden würden sich Coworking Spaces großer Beliebtheit erfreuen, wenn diese mit geringem Budget erschwinglich wären. Allerdings wechseln Studierende oftmals nach dem Abschluss in Coworking Spaces - entweder weil sie in einem Start-Up anfangen oder selbst gründen. Auch für Selbstständige spielen monetäre Gegebenheiten besonders oft eine Rolle. Schließlich ist die eigene Wohnung einmal gemietet und wird eben auch als Büro gebraucht. An den Extrakosten für einen Arbeitsplatz wird gespart.

 

Ehemalige Coworker

 

Dass Menschen Coworking Spaces verlassen, kann viele Gründe haben. Einerseits verlassen Arbeiter:innen die Räume weil ihr Geschäft expandiert und zu groß für einen Coworking Space wird. Andererseits können bei Selbstständigen Aufträge ausbleiben und somit die finanziellen Mittel fehlen, weiterhin einen Platz im Space anzumieten. Weiterhin wohnen viele Coworker nur kurzzeitig in der Gegend des besuchten Spaces und planen sowieso keinen langen Besuch, oder es wird eine neue Arbeit angetreten, die einen Umzug an einen neuen Arbeitsplatz erfordert. Auch Start-Ups wählen den Weg in den Coworking Space oftmals, weil sie zunächst Prozesse aufbauen, das Produkt verfeinern und am Markt testen müssen. Bei steigendem Erfolg werden im nächsten Schritt dann oftmals eigene Büros angemietet. Oder, falls das Unternehmen den Sprung nicht schafft, verlassen weil das Start-Up nicht mehr existiert.

 

Zudem spielen hier auch viele Faktoren herein, die Coworking Spaces für manche Menschen attraktiv machen können, für andere eben unattraktiv. So stören viele Arbeitende die Geräuschkulisse oder eine fehlende Privatsphäre, oder das Thema Community: Manche wollen schlicht kein Teil einer Community sein oder finden keine Community vor.

Generell lässt sich sagen, dass man bevor man sich für die Arbeit in einem Coworking Space definitiv überlegen sollte, inwiefern die eigene Persönlichkeit dem entspricht. Eher introvertierte Menschen fühlen sich durch die ständige Fülle an Menschen gegebenenfalls schnell überfordert, während extrovertierte Persönlichkeiten sich am wohlsten fühlen, wenn immer jemand zum Kaffeklatsch zwischendurch verfügbar ist.

Natürlich ist es auch wichtig zu überlegen, welche Ausstattungsmerkmale man sich wünscht. Auch kann man nicht immer davon ausgehen, dass die Küche oder Gemeinschaftsräume immer tadellos sauber und ordentlich sind (man kennt es ja aus der WG Zeit). Ist einem dies zuviel, so ist die beste Entscheidung den Coworking Space zu verlassen.

 

Fazit

 

Wir sehen insgesamt, dass die Landschaft der Coworking Spaces in Deutschland sich immer weiter diversifiziert. Wird die Coworking Landschaft immer fragmentierter, können immer individuellere Modelle gefunden werden, um noch mehr Menschen eine neue Art zu arbeiten zu ermöglichen. Insbesondere für den ländlichen Raum sehen wir hier sehr viel Potenzial: denn dort wo die Arbeit ist, gehen die Leute auch einkaufen, ins Cafe und betreiben ihre Hobbies. Demzufolge könnte eine Förderung dieser Coworking Spaces mehr Start-Ups anziehen, somit auch junge Leute und damit für mehr Belebung in diesen Regionen sorgen.

Auch für Start-Ups können Coworking Spaces eine Lösung bleiben, selbst wenn der Erfolg mehr Mitarbeiter:innen erfordert als Platz im Büro ist. Durch ein Rotationsmodell, wie es durch ein Raumbuchungssystem ermöglicht wird, können dennoch kleinere Büroflächen genutzt werden und somit Kosten gespart werden. Denn das Homeoffice wird uns weiterhin begleiten.
Wir freuen uns, die spannenden Entwicklungen in diesem Geschäftsmodell zu beobachten und sind gespannt, wo die Reise für Coworking Spaces in Deutschland zukünftig hingeht.

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