Digitale Gesundheit am Arbeitsplatz

Warum digitale Gesundheit auch an den Arbeitsplatz gehört und wie sie helfen kann, Work-Life-Balance und Produktivität zu verbessern

Von digitaler Gesundheit ist oftmals vor allem im privaten Umfeld die Rede – etwa wenn es darum geht, Zeit auf Social Media Plattformen zu reduzieren oder vom Netflix-Binge-Watching abzukehren. Auch in unserem letzten Blogartikel haben wir Digital Wellbeing im privaten Bereich thematisiert. Produktivität und Konzentrationsfähigkeit werden dabei meistens nur thematisiert, wenn es ums Homeoffice und die Ablenkung durch das Smartphone geht.

Der Newsfeed kann aber genauso gut im Büro locken, auch wenn hier die soziale Kontrolle durch Kolleg*innen vielleicht eher auf den Plan tritt als in den eigenen vier Wänden. Aber nicht nur das. Nachteile, die durch übermäßige private Nutzung entstehen, machen nicht vor dem Arbeitsplatz halt. Mangelnde Konzentrationsfähigkeit aufgrund unerholsamen Schlafs, eine zunehmende Verkürzung der Aufmerksamkeitsspanne und Rückgang der Kreativität wirken sich auch auf die Arbeitsleistung negativ aus.

Zusätzlich zu den Effekten, die aus dem Privatleben bis zum Arbeitsplatz durchsickern, sind Arbeitnehmer*innen aber noch mit ganz anderen Problemen konfrontiert. Gerade in Bürojobs besteht in der Regel keine andere Wahl, als stundenlang vor einem Bildschirm zu sitzen. Eine Beschränkung der Nutzungsdauer, wie es z.B. bei  Instagram angeraten wird, ist am Arbeitsplatz eher nicht möglich.

 

Warum sollten sich Arbeitgeber*innen überhaupt mit digitaler Gesundheit befassen?

 

Aber liegt das alles nicht in der Verantwortung der Arbeitnehmer*innen? Ein Stück weit trägt jeder natürlich eine gewisse Eigenverantwortung. Dennoch schaffen Arbeitgeber*innen die Rahmenbedingungen, innerhalb derer eine der digitalen Gesundheit zuträgliche Arbeitsweise überhaupt möglich ist. Erwarten Chefs und Chefinnen also Produktivität von ihren Teams, können sie sich nicht komplett aus der Verantwortung ziehen.

Ein Fokus auf die digitale Gesundheit der Mitarbeiter*innen kann dazu beitragen, Erschöpfung zu reduzieren und Produktivität zu erhöhen. Die Zufriedenheit der Arbeitnehmer*innen wird gesteigert, die Work-Life-Balance kann sich (in Abhängigkeit von anderen Faktoren) verbessern. Stress durch die Omnipräsenz digitaler Medien könnte abgefedert werden, wobei hier auch wieder das individuelle Verhalten des Einzelnen privat eine Rolle spielt.

 

 

Ein Fokus auf die digitale Gesundheit der Mitarbeiter*innen kann dazu beitragen, Erschöpfung zu reduzieren, die Produktivität zu erhöhen und die Work-Life-Balance zu verbessern.


Die digitale Toolbox

 

Selbst im (aus digitaler Sicht) konservativsten Unternehmen dürften immerhin E-Mails und einfache digitale Dateiablagesysteme Einzug erhalten haben. Viele Betriebe nutzen zudem Tools zum elaborierteren digitalen Dateimanagement, zur internen Kommunikation, zur Projektplanung, und je nach Branche, eventuell auch für speziellere Aufgaben. Da kann schon mal einiges zusammenkommen, das für die tägliche Arbeit im Auge behalten und auch gepflegt werden muss. Eine einheitliche digitale Lösung wäre natürlich am besten, ist aber nicht immer umsetzbar. Dann macht es Sinn, vor der Anschaffung neuer Dienstprogramme genauer darüber nachzudenken, ob sie in bestehende Abläufe passen oder ob (und wenn ja wie) diese umgebaut werden müssten. Wenn sich ein Flickenteppich an Tools schon nicht vermeiden lässt, sollte dieser immerhin gut vernäht sein. Alle Mitarbeitenden sollten wissen, wofür alle Anwendungen genutzt werden und mit der Funktionsweise vertraut sein. Komplexeres Dateienmanagement oder bestimmte Programme erschließen sich womöglich nicht für jede(n) (neuen) Mitarbeiter*in von selbst, Schulungen können hier nicht schaden. Im Zweifelsfall ist eine Guideline zum digitalen Toolkit des Unternehmens keine schlechte Idee.


Homeoffice

 

Seit Corona ist Homeoffice verstärkt Teil des Arbeitslebens vieler Menschen geworden. Das bringt gewisse Vorteile mit sich, beispielsweise kann man sich Zeit und Kosten für die Anfahrt sparen, muss in nasskaltem Wetter nicht vor die Tür und kann in der Mittagspause schnell mal rundsaugen. Auch auf die Ablenkung kann sich die Arbeit zu Hause zumindest potenziell positiv auswirken – zumindest, wenn man nicht parallel Kinder betreuen muss, der Nachbar Schlagzeuger ist oder im Nebenhaus renoviert wird.

Auf der anderen Seite können verschiedene Faktoren die Arbeit im Homeoffice auch erschweren. Etwa, weil der persönliche Kontakt zu Kollegen fehlt, die Klärung gewisser Angelegenheiten online einfach langwieriger sein kann oder eine Überladung mit Videokonferenzen Energie raubt (mehr über Videokonferenzen im dritten Teil der Reihe). Ein weiteres Problem im Homeoffice kann eine ungleiche Verteilung des Workloads sein. Im Büro fällt dies für gewöhnlich relativ schnell auf. Damit sich aber im Homeoffice nicht die einen unter- und die anderen überfordert fühlen, ist es wichtig, mit Mitarbeitenden in Kontakt zu bleiben. Über-Kommunikation und exzessive Abstimmung kleinster Details wiederum kann als übermäßig kontrollierend wahrgenommen und sollte vermieden werden.

Manchen fällt es im trauten Heim auch einfach schwerer, in den Arbeitsmodus zu kommen. Hierbei kann es helfen, soweit möglich, an einem designierten Platz zu arbeiten und der Versuchung zu widerstehen, den ganzen Tag in Jogginghose zu bleiben, sondern sich richtig fertig zu machen. Das sind Dinge, bei denen der Arbeitgeber nicht mehr tun kann, als Anregungen zu schaffen. Aber ein weiterer großer Stressor im Homeoffice dürfte neben diversen technischen Problemen ohnehin für viele sein:

 

Dauerhafte Erreichbarkeit und Konzentration

 

Führt nicht nur zu hoher Screen Time, sondern auch mentalem Stress: der Druck, ständig erreichbar sein zu müssen. So praktisch E-Mails und Tools für die Kommunikation im Team auch sind, so stark können sie belasten. Denn sobald die Technik es ermöglicht, ist die Erwartungshaltung anderer oft nicht weit. Vorgesetzte sollten ihre Mitarbeitenden dazu ermutigen, ihre Geräte nach Ende der Arbeitszeit auszuschalten. Ein Problem, das viele im Homeoffice haben, könnte damit in Angriff genommen werden - ohne das Verlassen eines physischen Arbeitsplatzes fällt es oft schwer, den Arbeitsmodus abzuschalten und auch im Kopf “Feierabend” zu machen. So schön es auf den ersten Blick erscheint, wenn die Mitarbeitenden nach der Soll-Zeit noch weitermachen - der scheinbar unendlich ausdehnbare Arbeitstag könnte in der Praxis eher zu unkonzentrierterem und weniger zielgerichtetem Arbeiten während der eigentlichen Arbeitszeit führen.

 

Nach jeder Störung benötigt das Gehirn mindestens fünf Minuten, um die Konzentration auf die eigentliche Aufgabe wiederherzustellen. Der sogenannte Sägeblatt-Effekt bewirkt, dass sich die eigentliche Länge der Unterbrechungen und die Wiederanlaufzeiten kumulieren, was in Summe zu deutlich mehr Zeitverlust führt.


Genauso können Unterbrechungen wie etwa durch Benachrichtigungen von Kollegen den Workflow stören. Denn nach jeder Störung benötigt das Gehirn mindestens fünf Minuten, um die Konzentration auf die eigentliche Aufgabe wiederherzustellen. Der sogenannte Sägeblatt-Effekt bewirkt, dass sich die eigentliche Länge der Unterbrechungen und die Wiederanlaufzeiten kumulieren, was in Summe zu deutlich mehr Zeitverlust führt. (Mehr zu störungsfreiem Arbeiten können Sie hier lesen.)

Gerade kognitiv anspruchsvolle Aufgaben benötigen aber Phasen intensiver Konzentration. Mitarbeitende sollten dazu ermutigt werden, in Team-Working-Tools den Status ihrer Kollegen zu überprüfen und zu respektieren. Microsoft Teams beispielsweise ermöglicht es, sich selbst auf “Nicht stören” zu stellen. So kann einer herausfordernden Aufgabe die erforderliche Aufmerksamkeit zuteilwerden. Generell gehört es zur guten Etikette, nicht-essenzielle Kommunikation möglichst zu vermeiden und nur die Personen zu involvieren, für die die Benachrichtigung relevant ist.

Gleichzeitig ist natürlich gerade in einem räumlich dispers arbeitenden Team die Kommunikation untereinander essenziell. Hier gilt es, einen Kompromiss zu finden, mit dem sich alle arrangieren können. Um die Balance zwischen Informationsfluss und Konzentration zu halten, kann man deswegen gemeinsam benachrichtigungsfreie Zeiten festlegen, die man hochkonzentrierter Arbeit widmen möchte.

 


Pausen für Gehirn und Augen

 

Pausen sind wichtig, um mentale Ermüdung zu vermeiden und nach Phasen fokussierten Arbeitens die Konzentration wiederherzustellen. Sogenannte Mikro-Pausen, also sehr kurze Pausen, die mit geringem zeitlichem Abstand gemacht werden, haben aber gegenteilige Effekte. Das gilt insbesondere dann, wenn man sie nutzt, um beispielsweise aufs Handy zu schauen. Sie unterbrechen die Arbeit, leisten aber keinen Beitrag, um die Konzentration zu regenerieren. Was als kurze Aufmunterung gedacht ist, endet daher oft in gesteigerter Müdigkeit und Unkonzentriertheit.

Die Neigung zu gedanklichem Abschweifen und (unfreiwilligen) Mikropausen steigt mit geistiger Erschöpfung. Insofern ist es aus Produktivitäts- als auch Wohlbefindens-Gründen empfehlenswert, schon regelmäßig eine kleine Pause einzulegen, bevor die Ermüdung spürbar wird.

Neben dem Gehirn benötigen auch die Augen mal eine Pause. Die Auswirkungen von Blaulicht auf das Müdigkeitsempfinden, die im letzten Artikel thematisiert wurden, dürften dabei tagsüber eher unproblematisch sein. Trotzdem kann die stundenlange Bildschirmarbeit sehr anstrengend für die Augen sein und zu Reizungen, müden Augen, mitunter auch Kopfschmerzen führen – ein weiterer Grund, nach Möglichkeit auch mal persönliche Meetings abzuhalten und unplugged time einzurichten. Bleibt keine andere Wahl als die digitale Sphäre, kann die 20-20-20-Regel vielleicht Abhilfe schaffen: alle 20 Minuten für 20 Sekunden auf ein etwa 20 Fuß entferntes Objekt (entspricht etwa 6 Metern) zu schauen hilft, die Augen zu entspannen und die Zahl der Lidschläge in einem gesunden Bereich zu halten. (Langes Bildschirmstarren führt nämlich dazu, dass wir seltener blinzeln und die Augen zu trocken werden.)

 

Fazit

 

Digital Wellbeing ist nicht nur ein hippes Schlagwort, sondern ein heutzutage relevantes Thema für die meisten Menschen. Vor allem, wer im Büro arbeitet, verbringt jede Woche viele Stunden vor dem Bildschirm. Einige Tipps kann dabei jede(r) Arbeitnehmer*in selbst beachten. Doch wo Arbeitsstrukturen die Handlungsfreiheit einschränken, kann die Verantwortung nicht nur beim Einzelnen liegen. Hier liegt es auch an Vorgesetzten, ein Umfeld zu schaffen, in dem die digitale Arbeit so angenehm wie möglich ist.

Eine wichtige Rolle spiel(t)en dabei besonders, aber nicht nur in Corona-Zeiten, Online-Meetings. Doch manche Menschen haben mit dem Zoom-Call größere Probleme als andere. Der dritte und finale Teil dieser Reihe wird sich deswegen um die sogenannte “Zoom Fatigue” drehen.

 

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