Digitales Wohlbefinden – wie viel digital tut uns gut?

So genießen wir die Vorteile des digitalen Lebens, vermindern Nachteile und fühlen uns digital wohl

Woran denken Sie, wenn Sie an Digitales Wohlbefinden denken? Vielleicht nur an diese merkwürdige Funktion, die auf einmal still und leise in den Geräteeinstellungen Ihres Android-Smartphones aufgetaucht ist. Vielleicht an Digital Detox Challenges, entsprechende Retreats, oder (Erfolgs-)Geschichten von Menschen, die Social Media hinter sich gelassen haben.

 

Digitales Wohlbefinden und Digital Detox werden ironischerweise vor allem auf sozialen Medien thematisiert. Dort reihen sie sich neben einer Zahl weiterer Lifestyle-Trends wie Meditation, Achtsamkeit und Dankbarkeit ein. Aber genauso wie Meditation vielen Menschen guttut, ist Digital Wellbeing ein Konzept, dass in seinem Wert weit über feel-good-Inspo entsprechender Posts hinausgeht. Schlussendlich geht es um nicht weniger als - wie der Name vermuten lässt - das mentale (und auch körperliche) Wohlbefinden in Zusammenhang mit der Nutzung digitaler Medien.

 

Dieser Artikel ist der Start einer dreiteiligen Reihe zum Thema. Im vorliegenden ersten Teil beschäftigen wir uns mit digitalem Wohlbefinden im Privatbereich. Der nächste Artikel wird dem digitalen Wohlbefinden am Arbeitsplatz gewidmet sein, wo Nutzer*innen andere, aber nicht weniger wesentliche Herausforderungen begegnen.

Zu guter Letzt wollen wir im dritten Artikel ein spezielleres Phänomen, die Zoom Fatigue, beleuchten.

 

Wie digitale Medien uns nützen können

 

Das Internet im Allgemeinen und Social Media im Speziellen sollten nicht kategorisch verteufelt werden. Beide haben unbestreitbare Vorteile, die die Nutzung überhaupt erst attraktiv machen. Aufgrund ihres breiten Spektrums an Nutzungsmöglichkeiten sind mobile Geräte aus dem Leben der meisten Menschen nicht mehr wegzudenken – sei es zur persönlichen Planung, Online-Shopping, dem Konsum digitaler Medien oder zur Pflege sozialer Kontakte.

So ermöglichen Messengerdienste, Videoanrufe und soziale Medien die Verbundenheit mit Familie und Freunden über raumzeitliche Grenzen hinweg. Physische Entfernung muss der Aufrechterhaltung liebgewonnener Kontakte nicht im Wege stehen.

Zugleich ist in Foren und Gruppen, Fanpages und Online Communities der Austausch mit Gleichgesinnten mehr noch als im echten Leben möglich. Denn im begrenzten Bekanntenkreis aus Schule, Ausbildung / Universität oder Arbeit ist es möglicherweise schwer, Menschen mit den gleichen Interessen zu finden - vor allem, wenn diese außerhalb des Mainstreams angesiedelt sind. Online ist es einfach, sich über diese Interessen zu vernetzen und neue Bekanntschaften zu schließen..

Daneben gibt es mittlerweile eine Vielzahl von Apps und Diensten, die auch der physischen Gesundheit dienen können – beispielsweise mit Meditationsanleitungen oder Workouts. Andere bieten Unterstützung im Alltag, etwa durch umfangreiche Einkaufslisten, Rezeptsammlungen, To-Do-Listen und Produktivitätstools.

Zudem ist viel Wissen im Internet günstig oder oft kostenlos verfügbar. Auf YouTube lassen sich zahlreiche Anleitungen zu den unterschiedlichsten Themen finden. Onlinekurse werden von verschiedenen Anbietern oftmals verhältnismäßig günstig angeboten, vor allem im Vergleich zum analogen Pendant.

Das Internet bietet somit Möglichkeiten zur Kommunikation, Alltagsorganisation, Weiterbildung und Unterhaltung, die in der analogen Welt kaum eine vergleichbare Entsprechung kennen.

 

 

Betreiber von Social Media Plattformen sind immer darum bemüht, User so lange wie möglich auf ihren Seiten zu halten. Denn je länger sich der User auf der Plattform aufhält, desto mehr Werbung kann ihm gezeigt werden.


 

Wieso wir Social Media oftmals mehr nutzen, als uns lieb ist

 

Doch wie leider zu oft kommt mit all diesen unschlagbaren Vorteilen auch eine Reihe von Nachteilen. Die freizugängliche Natur des Internets zum Beispiel ermöglicht es nicht nur, viel Wissen, sondern auch gefährliches Halbwissen, fragliche Ideologien und Hatespeech zu teilen.

Andere Folgen wurden bewusst gestaltet. Betreiber von Social Media Plattformen sind beispielsweise immer darum bemüht, User so lange wie möglich auf ihren Seiten zu halten. Denn je länger sich der User auf der Plattform aufhält, desto mehr Werbung kann ihm gezeigt werden. Gleichzeitig generiert er dabei neue Daten, die zwecks der Bereitstellung noch zielgerichteterer Werbung ausgewertet werden können. Social Media Plattformen sind deswegen dazu designed, über möglichst lange Zeit Aufmerksamkeit zu binden.

Doch leider kann exzessive Nutzung für den User eine Reihe von Nachteilen bedeuten. Denn am Ende dessen, was man sich eigentlich ansehen wollte, wird es verlockend einfach gemacht, doch noch ein bisschen auf der Seite zu bleiben und weiterzugucken. Das kann (je nachdem, in welcher Nische der Algorithmus einen verortet) dazu führen, dass man in einen Sog aus mehr oder weniger schädlichen Content gerät. Bestenfalls ist er einfach nicht besonders interessant, schlechtestenfalls kann ein Bombardement aus Highlight-Reels der Leben fremder Menschen zu Selbstzweifeln und Unsicherheit führen.

 

 

Content Creator machen uns das Leben schwer

 

Denn während beim Anschauen von Postings von Freund*innen noch „Hintergrundinformationen“ bereitstehen, die das, was man sieht, ergänzen und ein Stück weit relativieren, gibt es bei Bildern von Fremden oft keinerlei Hinweis darauf, dass es sich tatsächlich um echte Menschen mit unperfekten Leben handelt. Das verwundert auch nicht, schließlich bestreiten hauptberufliche Content Creator ihren Lebensunterhalt damit, sich selbst und ihr Leben möglichst vorteilhaft zu präsentieren. Das führt dazu, dass selbst die Darstellung von „Makeln“ auf eine sehr berechnete Art geschieht, die letztlich nicht wirklich dazu dient, das sorgfältig aufgebaute Bild der Perfektion abzumildern. Noch dazu suggerieren immer ausgeklügeltere und subtilere Methoden der Bildbearbeitung ein falsches Bild dessen, wie Menschen „normalerweise“ aussehen. Dadurch immer wieder gezeigte und zunehmend normalisierte Schönheitsideale können zu einem schlechteren Körperbild und angeknackstem Selbstbewusstsein führen. Hier kommt es natürlich stark auf die Art des konsumierten Contents an. Die genannten Effekte sind vor allem dann wahrscheinlich, wenn man in der Beauty- oder Lifestyle-Ecke oder auch auf „Fitstagram“ unterwegs ist. (Mehr über die Auswirkungen von Social Media auf das Selbstbild können Sie hier lesen.)

 


Wir verschwenden unsere Zeit

 

Auch ohne diese Effekte auf die mentale Gesundheit kann das Endlos-Scrollen im Instagram- oder TikTok-Feed noch eine ganz andere Konsequenz für das eigene Leben nach sich ziehen: Zeitverlust. Social Media wird gerne zur leichten Unterhaltung zwischendurch genutzt. Daran ist auch per se nichts verkehrt, die man weder wirklich produktiv noch zur aktiven Entspannung nutzen kann. Im Wartezimmer mal einen Blick aufs Handy zu werfen, ist deswegen kein Beinbruch. Wenn „zwischendurch“ sich aber so weit ausdehnt, dass das eigene echte Leben immer weiter verdrängt wird, kann das zum Problem werden. Natürlich gibt es auch andere Möglichkeiten zur Prokrastination und dem Verdrängen von alltäglichen Pflichten. Soziale Medien sind aber besonders einfach verfügbar, wenn man nach schneller Ablenkung sucht. Das eigene Leben tritt gegenüber dem Leben anderer, oft fremder Menschen, immer weiter in den Hintergrund.

 

Sich zum eigenen Glück zwingen

 

Um sich selbst vor diesen Effekten zu schützen, muss man aber nicht komplett auf Social Media verzichten. Oft reicht es schon aus, die Nutzungsdauer zu reduzieren. Zum Beispiel hilft es, zu überlegen, wozu man die App eigentlich nutzen möchte – und sie konsequent zu verlassen, wenn man gesehen hat, was man sehen möchte. Da das aber nicht immer so einfach ist, kann man App-Limits setzen, die nach einer bestimmten Zeit die App pausieren oder ans Verlassen erinnern. Alternativ kann man durch verschiedene (entweder werksseitig vorhandene oder in App Stores erhältliche) Tools von vorneherein Zeiten einstellen, in denen ausgewählte Apps nicht verfügbar sind. So lassen sich zum Beispiel ein Produktivitätsmodus (der ablenkende Apps nicht zulässt) und ein Entspannungsmodus (der Arbeitsanwendungen nicht zulässt) einrichten. Um die Smartphone-Nutzung in bestimmten Zeiträumen allgemein unattraktiver zu machen, ist es auch einen Versuch wert, das Display temporär auf Graustufen zu stellen. Eine Kombination aus verschiedenen Methoden kann dabei helfen, die Social Media-Nutzung einzuschränken – entweder, um produktiv zu arbeiten, oder um etwas bildschirmfreie Zeit und Entspannung zu genießen.

Um die Zeit, die man trotzdem auf beispielsweise Instagram verbringt, zufriedenstellender zu gestalten, lohnt es sich, die Seiten, denen man folgt, regelmäßig radikal auszumisten. Oder man hat verschiedene Profile: etwa eins, um nur Freund*innen und persönlich bekannten Menschen zu folgen, und eins, um professionellen Content anzuschauen.

Ansonsten gilt trotz aller raffinierten Tools: Das Handy einfach mal auszuschalten hilft im Zweifelsfall immer. (Weitere Tipps finden Sie hier.)

Dem Körper wird trotz fortgeschrittener Stunde signalisiert, dass es Tag ist – und somit Zeit, wach zu sein. Insofern kann Bildschirmnutzung vor dem Einschlafen dazu führen, dass der Einschlafprozess verlängert wird.


Sind Smartphones am Abend schlecht für unseren Schlaf?

 

Neben den bereits genannten eher diffus erscheinenden Folgen kann exzessive Mediennutzung auch deutlich greifbarere Folgen für die körperliche Gesundheit haben. So ist etwa das blaue Licht, das Bildschirme ausstrahlen, dafür bekannt, die Melatonin-Produktion zu hemmen. Dem Körper wird trotz fortgeschrittener Stunde signalisiert, dass es Tag ist – und somit Zeit, wach zu sein. Insofern kann Bildschirmnutzung vor dem Einschlafen dazu führen, dass zum einen der Einschlafprozess verlängert wird. Zum anderen büßt aber auch der Schlaf, wenn er einmal gekommen ist, an Qualität ein. Insbesondere die für die Regeneration wichtigen Tiefschlafphasen werden in Mitleidenschaft gezogen. Die Folge: man wacht, trotz ausreichend Zeit im Bett, am nächsten Morgen unausgeruht auf.

Die Lösung können Blaulichtbrillen oder auch Filter auf den Bildschirmen selbst sein. Die gibt es als Apps, die meisten Geräte bringen die Funktion aber schon von Haus aus mit. In den Einstellungen kann man dann oft Zeiten festlegen, zu denen der Filter eingesetzt wird. Die orange Einfärbung soll tageszeitangemessenes Licht imitieren und dadurch den Schlaf nicht beeinträchtigen.

Auf diese Weise muss man nicht unbedingt auf Bildschirme vor der Schlafenszeit verzichten. Dennoch sollte man achtsam damit sein, welche Inhalte man abends konsumiert. Emotional aufgeladene Themen oder schlechte Nachrichten können einen kurz vor dem Schlafengehen noch einmal aufwühlen, was der nächtlichen Erholung im Wege steht. Auch mit Blaulichtfilter sollte man sich also im Zweifelsfall besser gegen die spannende Netflix-Serie entscheiden. (Hier finden Sie noch andere gute Gründe, das Smartphone regelmäßig aus der Hand zu legen.)

 

Fazit

 

Digitale Medien gehören heute zum Leben selbstverständlich dazu. Ihre Allgegenwärtigkeit kommt dabei nicht von ungefähr, denn sie haben viel Potential, den Alltag zu bereichern und zu vereinfachen. Auf der anderen Seite kann, ob gewollt oder nicht, exzessive und unbedachte Nutzung Nachteile für die mentale und körperliche Gesundheit mit sich bringen. Die vielen Chancen, die diese Plattformen bieten, muss man dabei aber nicht aus Sorge um ungewollte negative Effekte an sich vorbeiziehen lassen. Durch einige Techniken und bewusste Auszeiten können wir unseren steinzeitlichen Gehirnen helfen, in einer digitalen Welt gesund und glücklich zu bleiben.

 

Bei Ihrer Instagram-Nutzung wollen wir uns gar nicht weiter einmischen. Aber beim Management Ihrer geschäftlich genutzten Mobile Devices greifen wir Ihnen gerne unter die Arme.