„Die Digitalisierung wird unsere Jobs wegnehmen“ – was ist dran?

Obwohl Deutschland bei weitem nicht das Vorreiterland in Sachen Digitalisierung ist, stehen in der Zukunft auch hier einige Wandlungen an. Prozesse wandeln sich weiter vom Analogen ins Digitale, die digitale Transformation schreitet voran und viele neue Technologien und Softwares finden ihren Platz auf dem Markt.

Viele Arbeitnehmer:innen sehen sich deshalb mit einer Frage konfrontiert: Wird die Digitalisierung in Zukunft meinen Job wegnehmen? Die Antwort ist: Jein. Natürlich ist der Sachverhalt ein wenig komplizierter als nur diese simple Antwort, weshalb wir in diesem Blogartikel beleuchten wollen, welche Jobs bedroht sind, warum sie bedroht sind und wie viele Arbeitsplätze in der Gesamtrechnung wirklich verloren gehen.

 

Welche Jobs sind bedroht?

 

Wir haben in unserem letzten Blogeintrag über die “Verlierer” der Pandemie gesprochen; welche Branchen also im Digitalisierungsindex am niedrigsten eingestuft werden. Interessanterweise sind diese Branchen auch diejenigen, deren Jobs laut Expert:innen am meisten bedroht sind – vor allem das produzierende und verarbeitende Gewerbe wird wohl leiden.

Allgemein gesehen laufen viele Prozesse, die sich ständig wiederholen, bereits digitalisiert ab. Dieser Wandel in der Industrie wird sich auch weiterhin fortsetzen, in erster Linie sind Tätigkeiten in Logistik, Lager, Reinigung, Herstellung, Transportwesen und Service bedroht. Expert:innen vom Institut für Arbeitsmarkt sagen, dass 70% aller Tätigkeiten im Berufssegment “Fertigungsberufe” durch Computerarbeit substituiert werden können. Dazu zählt auch die Möbelherstellung, Fahrzeug- und Maschinenbau, sowie Kfz-Handel und -Reparatur.

Automatisierungspotenzial heißt aber nicht gleich drohender Jobverlust. Ob Menschen ersetzt werden, kann von vielen Faktoren abhängig sein, wie zum Beispiel von wirtschaftlichen und ethischen Aspekten. Eine ausführliche Liste, die einen Überblick über die verloren gehenden Berufe bietet, finden Sie bei der WirtschaftsWoche. Ob Ihr Job von digitalen Technologien bedroht ist, oder wie er sich verändern kann, finden Sie bei diesem Test heraus: https://job-futuromat.iab.de/

 

Welche Vorteile haben Maschinen über Menschen?

 

Menschen sind fehlerbehaftete Wesen, Maschinen hingegen sind dafür gemacht, gewisse Aufgaben auszuführen. Aber welche Vorteile genau haben Maschinen über den Menschen?

Klar, in der Anschaffung sind Maschinen im ersten Moment unglaublich teuer. Aber sie brauchen eben kein monatliches Gehalt, man muss keine Sozialausgaben für sie zahlen und sie erhalten - bzw. brauchen - kein Krankengeld. Der Kostenfaktor wird somit insgesamt reduziert. Und auch diese Faktoren sind entscheidend:

 

  • Pausenzeiten fallen weg
  • Kranken- oder Urlaubstage fallen weg
  • Begrenzte Arbeitszeit fällt weg
  • Fehlerquellen wie Präzision fallen weg

 

Arbeitnehmer:innenschutzgesetze gehen auf die Bedürfnisse des Menschen ein. Der Mensch braucht Pausen, um zu ruhen; er wird mal krank oder möchte Urlaub nehmen. Auch die Arbeitszeit wird gesetzlich begrenzt, eine gewisse Arbeitsstundenzahl darf nicht überschritten werden. All diese Sachen, die den Mensch menschlich macht, fallen bei einer Maschine weg und erhöhen bei bestimmten Prozessen die Arbeitszeit und somit die Effizienz wesentlich.

Was im ersten Moment beunruhigend klingen mag, kann für den Menschen umgekehrt ein großer Vorteil werden, wenn monotone, langweilige Aufgaben wegfallen. Wenn durch die Maschine bestimmte Arbeitsabläufe abgenommen werden, kann der Mensch sich auf weitaus spannende Aufgaben fokussieren, die andere Kernkompetenzen erfordern: Flexible Reaktion, Kreativität, individuelle Problemlösung. Für all das sind Algorithmen und Maschinen (noch) nicht gut zu gebrauchen.

 

Wie viele Arbeitsplätze gehen wirklich verloren?

 

Also: Wenn Maschinen langweilige Routinearbeiten übernehmen, bleiben für den Menschen kreative Aufgaben übrig. Aber wie viele Jobs sind das am Ende wirklich – geht die Rechnung auf?

Auch hier möchten wir uns auf Studienergebnisse des Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) stützen. In ihrer Prognose zur “Digitalisierten Arbeitswelt” wird davon ausgegangen, dass bis zum Jahr 2040 5,3 Millionen Jobs wegfallen. Währenddessen entstehen durch Technologien und Wandlungen neue Tätigkeiten: allein zwischen 2016 und 2019 sind 30 neue Berufe entstanden, wie UX-Designer:innen oder Kaufmänner und -frauen für E-Commerce. Das IAB geht davon aus, dass bis 2040 3,6 Millionen neue Jobs entstehen werden.

 

Das lässt eine Kluft von 1,7 Millionen Jobs. Laut IAB hat das aber zu einem Drittel nicht mit technologischen, sondern demografischen Entwicklungen zu tun. Auch das Arbeitskräfteangebot wird immer knapper. Die Lösung für dieses Problem sieht die Agentur für Arbeit währenddes bei der Flexibilität: das Angebot für Weiterqualifizierungen und Fortbildungen muss von Arbeitgeber:innen geschaffen werden.

 

Die digitale Medaille hat zwei Seiten

 

Wo lässt das also deutsche Arbeitnehmer:innen, wenn 1,7 Millionen Jobs wegfallen?

Wie wir bereits festgestellt haben, dauert es noch eine Weile, bis die Digitalisierung in Deutschland vollständig angekommen ist.

Im Großen und Ganzen ist es also so, dass sich eine kongruente Entwicklung abzeichnet:
Schon jetzt stellen wir fest, dass wenn ältere Fachkräfte nach und nach in Rente gehen, große Lücken in die Ränge von Unternehmen gerissen werden. Diese Stellen können mit den nachfolgenden Generationen kaum geschlossen werden. Dies liegt zum einen an anderen Vorstellungen eines erfüllten Arbeitslebens, z.B. den Anspruch an kreative und selbstbestimmte Tätigkeiten, sodass diese Jobs aus Mangel an gewillten Bewerber:innen nicht mehr besetzt werden können. Zum Anderen kommen schlicht zu wenige junge Menschen, aufgrund sinkender Geburtenraten, nach. Wenn diese Lücken durch automatisierte Prozesse geschlossen werden können, so entlastet dies Unternehmen selbstverständlich enorm.
Diese Entlastung treibt aufgrund der oben beschriebenen Vorteile von Maschinen den Umsatz der Unternehmen nach oben und die Wirtschaft freut’s. Das ist vor allem für all jene schön, die nicht am “unteren Ende” der beruflichen Nahrungskette stehen.

 

Noch scheint es nämlich billiger, statt in Innovationen zu investieren, welche gefährliche, gesundheitsgefährdende und auch noch schlecht bezahlte Arbeit ersetzen, einfach Arbeitskräfte aus dem Ausland zu holen. Digitalisierung kann aber auch in Deutschland nur gelingen, wenn es eben nicht darum geht, immer billiger zu sein, als die Konkurrenz, sondern aktiv dazu beizutragen, Lösungen zu entwickeln, die ein sozial gerechtes Miteinander fördern.

Die Digitalisierung könnte jüngeren Generationen die Chance geben, anders zu arbeiten und freier zu sein als je zuvor. Wir stehen hier jedoch vor einem Scheideweg. Denn auch in der Generation Z, und den danach folgenden, gibt es eben nicht nur Menschen die gerne kreativ, selbstbestimmt und von überallher arbeiten. Ein Studium, welches zudem die Voraussetzung ist, um einen der nicht-digitalisierbaren und damit vermeintlich krisensicheren, Jobs zu ergattern ist auch nicht für jeden jungen Menschen eine Option.

 

Was bleibt noch, wenn die Digitalisierung auch Einzug in Berufe fällt die klassischerweise ohne Studium erreichbar waren? Wie sieht die Zukunft dieser Bevölkerungsschicht aus?
Und auch die Frage derer, die schon heute von einem Jobverlust bedroht sind, ist noch nicht geklärt. Nicht jeder kann und will zur IT-Expert:in werden.

 

Ausblick

 

Sie sehen, die Digitalisierung kann aus Unternehmenssicht viele Chancen bieten.
Dennoch dürfen soziale Aspekte nicht vernachlässigt werden. Unternehmen müssen sich die folgende Frage stellen: wie können wir einen nachhaltigen und sozial verträglichen digitalen Wandel schaffen? Und auch politisch sehen wir hier noch viel Spielraum für Lösungen die einen digitalen Wandel des Arbeitsmarktes voranbringen, ohne jedoch Teile unserer Gesellschaft abzuhängen.

Wir bei IOTIQ glauben daran, dass Digitalisierung Gutes bewirken kann. Sie kann Arbeitsprozesse erleichtern, Inklusion vorantreiben und die Arbeitswelt zum positiven verändern. Wir dürfen nur nicht vergessen, dass wir alle mitnehmen müssen auf diese spannende Reise.

IOTIQ ist Ihr Partner wenn Sie genauso wie wir an den digitalen Wandel glauben. Lassen Sie uns zusammen etwas Gutes schaffen!