CULTURATI – ein europäisches Projekt will die Folgen des Massentourismus abwenden

Schon lange sind Reisen, insbesondere an weit entfernte und besonders exotische Orte für viele Menschen die liebste Art, ihre freie Zeit zu gestalten. Die Folge: bestimmte Reiseziele können sich vor Tourist*innen kaum noch retten. Der Massentourismus hat hier Einzug gehalten.
In den letzten Jahrzehnten hat der globale Tourismus stetig zugenommen. Eine der beliebtesten Reisedestinationen: Europa (im Jahr 2022 lagen vier der Top 10 globalen Reiseziele in Europa, mit London auf Platz eins und Paris auf Platz drei). Und auch, wenn der Tourismus durch Corona natürlich einen deutlichen Einbruch erfahren hat – der Markt erholt sich wieder.



Massentourismus oder Overtourism – was bedeutet das eigentlich? 

 

Beide Begriffe meinen im Grunde dasselbe, nämlich dass an bestimmten Orten eine unverhältnismäßig große Zahl an Tourist*innen auftritt. Der Begriff Overtourism betont zudem die negativen Aspekte dieser Überfüllung, denn so schön es für den Einzelnen sein kann, endlich den wohlverdienten Urlaub zu genießen, so können die Folgen für die Urlaubsorte drastisch sein.

Für Einheimische können die stetig wachsenden Touristenmassen echte und schlimmstenfalls dauerhafte Einschränkungen bedeuten. Denn spätestens, wenn man sich in der eigenen Heimatstadt nicht mehr frei bewegen kann, sich im Alltag wie ein Nebendarsteller im Urlaubsset fremder Menschen fühlt oder Wohnraum oder ortsansässige Läden durch Touristenattraktionen und Unterbringungsmöglichkeiten ersetzt werden, ist die Toleranzgrenze für viele Menschen erreicht. Auch die Natur leidet unter den Scharen von Tourist*innen, die z.B. uralte Steinpfade entlangwandern oder auch mal die ein oder andere Muschel vom Strand mitnehmen. Ganz von der permanenten Störung durch menschliche Geräusche, Müll oder Fahrzeuge abgesehen.
Auch für die Tourist*innen ist diese Überfüllung unangenehm, sei es bei 30 Grad in der Schlange zum Kolosseum in Rom zu stehen oder die Mona Lisa nur von weitem sehen zu können, weil das Gedränge zu groß ist.

Der Tourismus ist für viele Städte und Kommunen jedoch eine gute, wenn nicht manchmal sogar die einzige Einnahmequelle. Dennoch ist der Leidensdruck hoch und es müssen Lösungen her, damit die Tourist*innen zwar kommen, aber nicht zum massiven Störfaktor werden.

Städte und Kommunen wehren sich gegen den Massentourismus bereits mit verschiedenen Maßnahmen, etwa der Einführung zusätzlicher Gebühren (Manchester führte beispielsweise erst kürzlich eine Touristensteuer ein), der Begrenzung von Besucherzahlen oder der Förderung von „Reisezielen aus der zweiten Reihe“, um diese attraktiver zu machen und die Hauptreiseziele zu entlasten.
Manche Lösungen werden sehr kreativ: letztes Jahr machte zum Beispiel die Kennzeichen-Regelung an der Amalfi-Küste Schlagzeilen. Aufgrund des untragbar hohen Verkehrsaufkommens während der Urlaubsaison durften dort zeitweise Autos mit gerader Kennzeichennummer nur an geraden Kalendertagen und Autos mit ungerader Kennzeichennummer nur an ungeraden Kalendertagen die berühmte Küstenstraße Amalfitana befahren. In der kroatischen Küstenstadt Dubrovnik wurde 2019 die Anzahl der Kreuzfahrtschiffe, die pro Tag anlegen, und die Touristenbusse, die in die Stadt einfahren dürfen, stark begrenzt. Tipps, was man individuell dem Massentourismus entgegenwirken kann, gibt es hier.

 

CULTURATI: Alles oder Nichts? Oder geht es anders?



Die Situation scheint verzwickt: begrenzt man den Massentourismus in besonders stark betroffenen Regionen, kann dies dazu führen, dass wichtige Einnahmen wegfallen.
Wird der Tourismus nicht begrenzt, leiden die Landschaft, Kulturgüter und die Lebensqualität der Einheimischen darunter.
Was kann man also tun? Diese Frage möchte das europäische Kulturprojekt CULTURATI beantworten und eine Lösung für das Problem des Massentourismus anbieten.
Zum Start des Projektes reiste ein Teil des IOTIQ Teams daher nach Ankara, wo das Projekt offiziell im Rahmen einer Konferenz vorgestellt wurde.

CULTURATI zielt darauf ab, die grundsätzliche Besuchererfahrung in Museen, Freilichtstätten oder touristischen Hotspots zu verbessern.
Dazu wird eine einzigartige Kombination aus Content, Technik und Künstlicher Intelligenz Anwendung finden. IOTIQ wird dabei den technischen Teil übernehmen und für die Entwicklung der IT-Infrastruktur mit verantwortlich sein.



Individuelles Erleben vs. Massentourismus



Das grundsätzliche Anliegen von CULTURATI ist vielschichtig. Zum einen sollen mit der Hilfe von Content Creators interessante Informationen über mögliche touristische Ziele erstellt werden. Das heißt, dass auch Insider und Einheimische ihre Tipps und Wissen über eine Online-Plattform teilen können.
Tourist*innen, die dann zum Beispiel eine Burg besuchen, können auswählen, ob sie ihre Tour eher mit dem Fokus auf Kunst, Geschichte oder etwas anderem begehen möchten. Es soll zudem auch möglich sein, auszuwählen, welchen Wissensstand man aufweist. Dadurch werden Information wesentlich zugänglicher und individueller als zuvor.
Der One-Size-Fits-All-Ansatz, den man heute oft in Museen findet, wird somit aufgelöst.
Zusätzlich werden in den Museen oder Freilichtstätten auch Sensoren an für gewöhnlich stark frequentierten Plätzen montiert, die die Besucherzahlen messen.
Jede*r Besucher*in kann mit Hilfe eines Guides, der z.B. auch auf das eigene Smartphone geladen werden kann,  durch die historische oder kulturelle Stätte geleitet werden und bekommt dank CULTURATI eine individuelle Route erstellt, die in Echtzeit durch eine KI errechnet wird. Die Daten der Sensoren fließen hier schon mit ein: ist ein Ort zum Zeitpunkt des eigenen Besuchs bereits überfüllt, wird die Besucher*in erst einmal umgeleitet.

Diese individuelle Erfahrung führt nicht nur dazu, dass Museen, Schlösser, Burgen usw. Attraktiver werden, sondern auch, dass Tourist*innen auch Spaß am Besuch hochfrequentierter Attraktionen haben, oder auch das Ein oder Andere abseits der Massen entdecken können.


Europe comes together – und IOTIQ mittendrin



Wir informieren auf unserem Blog immer wieder über unsere Projekte, weshalb Sie bereits wissen, wie sehr uns diese am Herzen liegen. Auch bei CULTURATI sind wir stolz, dass wir mit hochkarätigen Partner*innen zusammenarbeiten dürfen. Darunter sind zum Beispiel die BILKENT Universität (TUR), Blenheim Palace, Geburtsort von Winston Churchill (UK), Porvoon Kaupunki, die zweitälteste Stadt in Finnland (FIN) und die Region Meridaunia (IT), mit ihren zahlreichen Burgen und historischen Stätten.

Durch die Zusammenarbeit der verschiedenen Akteur*innen kann sichergestellt werden, dass die Ergebnisse aus Forschung und Entwicklung live getestet werden können. Somit wird die praktische Anwendbarkeit sichergestellt.

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